In Gedenken an MasGuro P. Greg Alland
Mit großer Traurigkeit habe ich erfahren, dass Großmeister Greg Alland am 13. April 2020 verstorben ist.

Teile seines Lebenswegs erinnern an ein typisches Martial-Arts-Filmklischee: Greg Alland wuchs in einem Heim auf und wurde von anderen Kindern schikaniert – so entstand bereits in jungen Jahren sein Interesse am Kämpfen. Doch anders als im Film trainierte er nicht in einem Shaolin-Kloster. Vielmehr war es die Liebe, die ihn als jungen Mann zur Kampfkunst führte: Seine Frau war eine philippinische Krankenschwester. Als er sie eines Tages von der Arbeit im Krankenhaus abholte, kam er zufällig mit einem damals noch unbekannten Filipino ins Gespräch – Leo Gaje –, den wir heute alle als Großmeister und Hüter des Pekiti Tirsia Kali kennen. Dieses erste Treffen fand 1972 statt. Greg Alland begann daraufhin sein Training unter der Anleitung von Grand Tuhon Gaje – und der Rest ist Geschichte.
Greg Alland gehörte zu den allerersten Schülern von Grand Tuhon Leo Gaje. Er lebte und trainierte die Kampfkunst mit einer Leidenschaft, die nur diejenigen wirklich verstehen, die ihn persönlich kannten. Greg trainierte buchstäblich Tag und Nacht. Die Idee zu unseren Nachttrainings in Reutlingen entstand, nachdem ich selbst an einem nächtlichen Training mit Greg in New York teilgenommen hatte.
Auf seinem Weg im Pekiti Tirsia hatte Greg auch Gelegenheit, von anderen bedeutenden Meistern zu lernen – darunter Supreme Grandmaster Dionisio Cañete, Grandmaster Jerson „Nene“ Tortal und sein enger Freund Suryadi Eddie Jafri. 1989 erkannte Grand Tuhon Leo Gaje, dass Greg einen ganz eigenen Stil entwickelte – und schlug ihm vor, diesem einen Namen zu geben. So entstand SinaTirsiaWali Kali–Silat.
Greg unterrichtete und verbreitete die Kunst mit derselben Hingabe, mit der er sie selbst gelernt hatte – von ganzem Herzen. Seine Leitsprüche lauteten: „Have sticks, will travel!“ und „Fear no man on earth!“

Tatsächlich reiste Greg Alland um die ganze Welt und wurde für viele Menschen zur Inspiration. In einer Zeit vor YouTube und Instagram machten seine TV-Produktionen für die Arnis America Association sowie seine Videokassetten Techniken und Philosophie der Filipino Martial Arts einem internationalen Publikum zugänglich – auch jenen, die sonst keinen Zugang dazu gehabt hätten.
Mein erster Kali-Lehrer

In meinem Videoblog vom 4. April habe ich Greg Alland als meinen ersten Lehrer in den Filipino Martial Arts genannt – ohne zu ahnen, dass er nur eine Woche später von uns gehen würde. Er war und bleibt für mich eine bedeutende Inspiration.
Ich werde nie vergessen, wie mein Bruder und ich Greg Alland zum ersten Mal am Flughafen in New York trafen. Wir wollten die Filipino Martial Arts entdecken – und Greg öffnete uns die Tür zu einem neuen Verständnis von Kampfkunst und Kultur.
In den folgenden Jahren reisten wir regelmäßig nach New York und luden Greg schließlich auch ein, unsere Gruppe in Deutschland zu unterrichten. Je mehr sich mein Verständnis für die Filipino Martial Arts vertiefte, desto zentraler wurde diese Kunst für mein eigenes Training.
Greg Alland ermutigte meinen Bruder und mich, auf die Philippinen zu reisen und dort Grand Tuhon Leo T. Gaje sowie Grand Tuhon Jerson „Nene“ Tortal persönlich kennenzulernen. Durch Greg entstand auch der Kontakt zu Michael Marlow aus Stockholm. Gemeinsam haben wir viel zur Verbreitung des Pekiti Tirsia Kali beigetragen. Viele wertvolle Erfahrungen und Erinnerungen verdanke ich Greg Alland.
Ich erinnere mich: In seinem Trainingsvertrag hieß es sinngemäß: „Training – bis hin zum Tod.“
Greg Alland – dein Vermächtnis lebt in deinen Schülern weiter.
Ruhe in Frieden – und trainiere weiter im Himmel.
Uli Weidle
Uli Weidle
